Mistel-Chronologie "Auf der Gosse"

Anlässlich einer Steinkauzwanderung vor 5 Jahren (2013) fiel mir der starke Mistelbefall in den ansonsten winterlich kahlen Kronen auf. Im gleichen Jahr bei einer Herbstwanderung konnte ich idyllische Aufnahmen einer Streuobstwiese machen - übersät mit rotbäckigen Äpfeln (Rote Sternrenette) auch unter Bäumen mit Misteln. 

 

NIZA-Steinkauzwanderung März 2015: Viele alte  Bäume waren auch im Winter grün; die Kronen fast vollständig aus Misteln bestehend.

 

NIZA-Steinkauzwanderung März 2017: An jungen Bäumen aus der nachgepflanzten Generation sind Misteln sichtbar, Alter 2 bis 3 Jahre

 

November 2017: Noteinsatz! Die Stadt Amöneburg beauftragt Firma Rudolph, Altbäume mit massivem Mistelbesatz zu fällen und zu entsorgen. 6 Bäume werden bis auf einen Stumpf entfernt, ca. 15 Bäume im Kronenbereich gekappt, aber als stehendes Torholz belassen.

Mistel-Exemplare aus dem Kronenbereich der gefällten Bäume haben zum Teil einen Durchmesser von über 100 cm und weisen mehr als 6 Verzweigungen pro Zweig auf - das heißt, sie sind älter als 6 Jahre. 

 

November 2017: Arbeitskreis Amöneburger Streuobst wird gegründet. Man könnte auch sagen: die task force „Viscum“ formiert sich. Ihre Aufgabe: Der Mistel Einhalt gebieten: 

junge Bäume mistelfrei halten, im Altbestand Misteln soweit reduzieren, dass Bäume mistelfreie neue Triebe entwickeln können. Lücken neu bepflanzen.

 

März 2018: Beim Obstbaum-Schnittkurs unter Anleitung von Dr. Norbert Clement und Michael Stahl, bekommen neu gepflanzte Bäume den 1. wichtigen Pflanzschnitt, und etwa 10 weitere Bäume erhalten einen Erziehungsschnitt und/oder Verjüngungsschnitt bei gleichzeitiger Entfernung aller sichtbaren Misteln. 

Insgesamt sind im südwestlichen Abschnitt der Wiese durch den Einsatz des Arbeitskreises Streuobst und weitere Teilnehmer des Obstbaumschnittkurses jetzt 22 parasitierte Bäume optisch mistelfrei. 

 

Der Baumbestand ist in einem Raster aufgenommen (Reihen A - R und Zeilen 1 bis 14) Jeder Baum trägt eine eindeutige Buchtstaben/Zahlenkombinaion. Alle Maßnahmen werden mit diesen Kürzeln dokumentiert und damit der Erfolg (oder Misserfolg) einer Schnittmaßnahme auch in Zukunft nachvollziehbar. 

 

Es gibt übrigens etwa 20 Apfelbäume, die keine Misteln trugen und keine tragen. Und auch an den Birnen sind keine Misteln!! 

Problem Haustorien

Nur den Mistelzweig zu entfernen, bringt nichts, solange die Haustorien (=Wurzeln des Schmarotzers) im Leitungsgewebe des Baumes verbleiben. Im Bild kenntlich an den frischgrünen Strukturen. Aus den Haustorien ist jederzeit eine Regeneration der Misteln möglich. Um die Mistel vollständig zu entfernen, muss der befallene Ast mindestens 20 cm Richtung Stamm entfernt werden. Schnittstelle auf mögliche grüne Punkte (= Haustorien) prüfen und ggfs. nachschneiden)

Günstige Witterung

Es gibt Hinweise, dass insbesondere milde Winter die Ausbreitung der Mistel fördern. Aus den Samen keimen bei feuchter Witterung sogenannte Haustorien, die das Leitungsgewebe des Baumes anzapfen und ihn auf Dauer vertrocknen lassen. Pappeln und Linden, die auch häufig befallen sind, können den Wasser- und auch Nährstoffentzug an guten Standorten meist lange kompensieren. Apfelbäume leiden deutlich stärker. 

Schleimige Angelegenheit

Die Samen der Mistelbeere sind von einem klebrigen Schleim (Viscum) umgeben. Vögel versuchen nach dem Verzehr der Beeren, den schleimigen Samen loszuwerden, und reiben das klebrige Zeugs mit dem Schnabel am Zweig ab. Hier findet der Mistelsame optimale Keimungsbedingungen